AUFARBEITEN – DOKUMENTIEREN – ERINNERN
Die Friedliche Revolution im Spiegel der sächsischen Kleinstadt Torgau
Gefördert durch die Sächsische Staatskanzlei (www.89-90.sachsen.de)
Zeitraum: 1. Juli 2014 bis 31. März 2015
Darstellung des Projektes
Der 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution Anlass, die bislang kaum beachtete Situation im Herbst 1989 in der Stadt Torgau aufzuarbeiten und erstmals zu dokumentieren. Dabei sollen insbesondere die Aktionen der Bürgerrechtsbewegung, die Ereignisse auf der Straße und die letzten Tage GJWH Torgau beleuchtet werden.
Die Montagsdemonstrationen in Leipzig sind heute das Symbol für das Aufbegehren der Menschen gegen den SED-Staat und die Friedliche Revolution in der DDR. Trotzdem findet bis heute in der Forschung der flächendeckende Charakter der Friedlichen Revolution kaum Beachtung. Ihre Beschränkung auf einige Demonstrationen und Besetzungen macht das Defizit bisheriger Aufarbeitung deutlich. Das Engagement der Bürger und die oftmals zermürbende Kleinarbeit in vielen Orten der DDR sind kaum aufgearbeitet, dokumentiert und erinnert – damit bereits teilweise dem Vergessen ausgeliefert. Dies betrifft auch die sächsische Kleinstadt Torgau. Das geplante Vorhaben soll dieses Defizit fehlender Aufarbeitung, Dokumentation und Erinnerung an die Ereignisse und die Protagonisten der Bürgerbewegung in Torgau dauerhaft beseitigen.
Auf der Grundlage von Zeitzeugeninterviews, Archivrecherchen und Sammlung originaler Materialien, Objekte, Dokumente und Fotografien aus Privatbesitz soll eine Ausstellung mit Begleitpublikation dauerhaft an die Ereignisse der Friedlichen Revolution in der Elbestadt Torgau erinnern. Besonders hervorzuheben sind die einzigartigen Fotografien der Torgauer Fotografen Manfred und Erdmute Bräunlich. Beide haben den Herbst 1989 in Torgau auf eindrucksvolle Weise dokumentiert. Bis heute ist ein Großteil dieser Fotos nicht veröffentlicht.
Torgau als Ort des GJWH, der einzigen geschlossenen Heimeinrichtung der DDR, soll dabei ebenso Beachtung finden. Der Blick hinter die Mauern des GJWH im Herbst 1989 soll verdeutlichen, wie Personal und Verantwortliche versuchten, das Aufbegehren und die Freiheitsrufe der Bürger auf der Straße von den Jugendlichen fernzuhalten. Die Bürgerbewegung mit ihren Montagsdemonstrationen löste beim Personal Angst und Verunsicherung aus, die sich u.a. in der Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen wiederspiegelt. Hinzukommt, dass der GJWH Torgau als Isolierungslager des Ministeriums für Staatssicherheit geplant war. Die zunehmende Unsicherheit der staatlichen Organe wird besonders deutlich mit der Auflösung des GJWH. Mit einem Anruf aus dem Ministerium für Volksbildung am 11. November 1989 erfolgte die telefonische Anweisung, zur sofortigen Rückführung aller Jugendlichen in die einweisenden Heime. Die Belegungsbücher verzeichneten ab diesem Tag täglich verstärkte Abgänge. Am 17. November 1989 verließ der letzte Jugendliche die Einrichtung. Die letzten Monate dieser Einrichtung sollen den Ereignissen im Herbst 89 gegenübergestellt und der Frage nachgegangen werden, welche Beachtung der GJWH innerhalb der Bürgerrechtsbewegung fand.
Folgende inhaltliche Themenschwerpunkte umfasst das Ausstellungs- und Publikationsprojekt:
- Die Friedliche Revolution im Spiegel der sächsischen Kleinstadt Torgau
- Die revolutionäre Wirkungsmacht der Regionen – das Beispiel Torgau
- Die Bewegung “Kirche von unten” und die Umweltbewegung in Torgau in den 1980er Jahren
- Der Beginn der Friedlichen Revolution in Torgau am 8. Oktober 1989
- Der revolutionäre Alltag in Torgau ab November 1989
- Die erste freie Wahl
- Die Akteure (Protagonisten) der Friedlichen Revolution in Torgau
- Der Herbst 1989 im GJWH im Spiegel der Friedlichen Revolution in Torgau
Die Ausstellung wurde am 6. Mai 2015 – zum 25. Jahrestag der ersten freien Kommunalwahlen – im Rathaus Torgau eröffnet.
Geplant ist, die Wanderausstellung in weiteren öffentlichen Einrichtungen zu zeigen – insbesondere soll die Ausstellung den Schulen der Torgauer Region ganzjährig für die Auseinandersetzung mit der Friedlichen Revolution innerhalb der Bildungsarbeit verfügbar sein.