Am 29. April 1988 erhängte sich der 16jährige Steve B. mit seinem Hemd am Fenster der Zuführungszelle. Er war vier Tage zuvor in den Geschlossenen Jugendwerkhof eingewiesen worden. In der „Meldung über ein besonderes Vorkommnis“ wurde festgestellt, dass keine Pflichtverletzungen der Erzieher vorlagen. Obwohl in seiner Heimakte bereits Selbstmordversuche vermerkt waren, gab es nach Aussagen der Erzieher in Torgau dafür keine Anzeichen. Die einzige Schlussfolgerung war die Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen, vor allem die Beseitigung der Handgriffe an den Fenstern der Arrestzellen.
Selbstverletzungen waren im Geschlossenen Jugendwerkhof keine Seltenheit. Zwar wurde darüber keine Statistik geführt, es existieren aber diesbezügliche Berichte an das Ministerium für Volksbildung sowie Zeugenaussagen. Bereits 1966 beschwerten sich Erzieher, dass der damalige Direktor Günther Lehmann Jugendliche in den Arrestzellen bedroht habe und es zu Selbstmordversuchen gekommen sei.
1977 ist in einer Dienstanweisung davon die Rede, dass durch „sich massierende Einweisungen von verhaltensgestörten Jugendlichen“ Suizidversuche zunähmen. Inschriften auf Zellenwänden und Pritschen lassen das Gefühl der Ausweglosigkeit ahnen, das viele Jugendliche empfanden. Oft schlug es aber auch in Wut und Rebellion um.
Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen kam es immer wieder zu Fluchtversuchen. 1979 floh der 17jährige Klaus H. während des Rücktransports in seinen Stammjugendwerkhof Freital. Kurz vor Meißen gab er vor, sich übergeben zu müssen. Als die Autotür geöffnet wurde, rannte er davon und sprang bei seinem Fluchtversuch in die Elbe. Dabei ertrank er.
1982 legte der 16jährige Rainer F. im Krankenzimmer einen Brand, bei dem er selbst ums Leben kam.
1989 ereignete sich ein erschreckender Vorfall. Mehrere Jugendliche planten ihre Flucht. Einer von ihnen schlug vor, dass ihn die Anderen töten und seine Leiche an das Fenstergitter hängen sollten. Sie hofften, der Erzieher würde dann beim nächtlichen Kontrollblick durch den Türspion schockiert den Schlafraum aufschließen, so dass sie ihn überwältigen und die Schlüssel an sich bringen könnten. Tatsächlich würgten zwei Jugendliche den „Freiwilligen“ mit einem Bettlaken. Als er bewusstlos wurde, ließen sie von ihm ab. Vor dem zweiten Versuch wurde der Plan einem Erzieher gemeldet.
Immer wieder schluckten Jugendliche Nägel, Nadeln oder Schmierfett, um wenigstens für einige Tage ins Krankenhaus zu kommen.