„Seit ich denken und handeln kann, ist es laut in meinem Kopf“ berichtete Rene Münch in seiner Buchpremiere in der Gedenkstätte Geschlossener JugendwerkhofTorgau. Der Dresdener beschreibt darin zunächst seine Kindheit und Jugend in DDR-Heimen. Nach einem Republikfluchtversuch der Mutter kommt er 1962 im Haftkrankenhaus Klein-Meusdorf bei Leipzig zur Welt. Als er aus dem Dauersäuglingsheim ins Vorschulheim verlegt wird, werden die Stimmen, die der 52jährige heute noch hört, lauter in seinem Kopf. Als er verloren und einsam im großem Schlafraum weint, wird er getadelt und in einen fensterlosen Raum gebracht. Als er mit sieben Jahren wieder ins Elternhaus eingegliedert werden soll, fragt er sich unsicher „Was ist eigentlich eine Mutter?“. Die Jugendhilfemaßnahme scheitert, nach Misshandlungen durch den Stiefvater kommt er erneut in Heimerziehung. Doch die bereitet ihn kaum auf ein selbständiges Leben „draußen“ vor. Wie ein Außerirdischer kommt er sich vor, als er mit 18 die erste eigene Wohnung bezieht, wenngleich er sich frei fühlt. Das 1. Mal allein in einer Kaufhalle einkaufen – eine große Herausforderung. Die Armeezeit folgt, dann arbeitet er einige Jahre an der Erdgastrasse, dann der Umbruch 1989/90. Sein Chaos im Kopf und die traumatischen Erinnerungen verarbeitet er auch, indem er malt. Zur 1. Veranstaltung der Reihe »Das Schweigen brechen – Schicksale ehemaliger DDR-Heimkinder«waren 30 Zuhörer gekommen, darunter viele, die selber Jahre in Heimen verbrachten und dem Autor Respekt zollten für seinen mutigen Schritt, mit seiner Geschichte in die Öffentlichheit zu gehen.
René Münch: Der Staat in der Republik. Eine wahre Geschichte von Opfern und Tätern, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2014
Eine Kooperationsveranstaltung der Gedenkstätte mit der Selbsthilfegruppe “Verbogene Seelen”